EIN WORT AN DIE FINDIGEN
OriginalJanuar 2012
Vor einem Jahr fiel mir ein Muster bei den am wenigsten erfolgreichen Start-ups auf, die wir finanziert hatten: Sie schienen schwer zu verstehen zu sein. Es fühlte sich an, als gäbe es eine Art Mauer zwischen uns. Ich konnte nie ganz sicher sein, ob sie verstanden, was ich sagte.
Das fiel mir auf, weil wir zuvor ein Muster bei den erfolgreichsten Start-ups bemerkt hatten, und es schien an einer anderen Eigenschaft zu hängen. Wir fanden heraus, dass die Start-ups, die am besten abschnitten, die mit Gründern waren, über die wir sagten "sie können sich selbst helfen". Die erfolgreichsten Start-ups sind "fire-and-forget", in dem Sinne, dass man ihnen nur einen Hinweis geben muss und sie ihn umsetzen, egal um was für einen Hinweis es sich handelt. Wenn sie zum Beispiel Geld aufnehmen, kann man die ersten Kontakte herstellen, in dem Wissen, dass man, wenn man wollte, ab diesem Punkt nicht mehr darüber nachdenken müsste. Man muss die Finanzierungsrunde nicht betreuen, um sicherzustellen, dass sie zustande kommt. Dieser Typ von Gründer wird das Geld beschaffen; die einzige Frage ist, wie viel und zu welchen Bedingungen.
Es schien seltsam, dass die Ausreißer an den beiden Enden des Spektrums durch scheinbar unzusammenhängende Tests erkannt werden konnten. Man würde erwarten, dass wenn die Gründer an dem einen Ende durch die Anwesenheit der Eigenschaft x gekennzeichnet sind, sie am anderen Ende durch das Fehlen von x gekennzeichnet wären. Gab es eine Art umgekehrten Zusammenhang zwischen Findigkeit und Schwierigkeit im Umgang?
Es stellt sich heraus, dass es das gibt, und der Schlüssel zum Rätsel ist das alte Sprichwort "ein Wort an den Weisen ist genug". Weil dieser Spruch nicht nur abgedroschen ist, sondern auch auf indirekte Weise abgedroschen (indem das Subjekt einem Rat vorangestellt wird), wissen die meisten Leute, die ihn gehört haben, nicht, was er bedeutet. Was er bedeutet ist, dass wenn jemand weise ist, man ihm nur ein Wort sagen muss und er wird es sofort verstehen. Man muss es nicht im Detail erklären; er wird alle Implikationen selbst verfolgen.
In ähnlicher Weise muss man dem richtigen Gründer nur eine einzeilige Einführung zu einem VC geben, und er wird das Geld auftreiben. Das ist der Zusammenhang. Alle Implikationen - auch die unangenehmen Implikationen - dessen, was einem gesagt wird, zu verstehen, ist eine Teilmenge von Findigkeit. Es ist eine Art der Findigkeit im Gespräch.
Wie die Findigkeit im realen Leben oft bedeutet, Dinge zu tun, die man nicht will. Die Implikationen dessen, was einem gesagt wird, zu verfolgen, kann manchmal zu unangenehmen Schlussfolgerungen führen. Das beste Wort, um das Versäumnis, dies zu tun, zu beschreiben, ist wahrscheinlich "Verdrängung", auch wenn das etwas zu eng erscheint. Eine bessere Art, die Situation zu beschreiben, wäre zu sagen, dass die erfolglosen Gründer eine Art Konservativität hatten, die aus Schwäche resultiert. Sie bewegten sich im Ideenraum so behutsam wie ein sehr alter Mensch sich in der physischen Welt bewegt.
[1]
Die erfolglosen Gründer waren nicht dumm. Intellektuell waren sie genauso in der Lage wie die erfolgreichen Gründer, alle Implikationen dessen, was man ihnen sagte, zu verfolgen. Sie waren nur nicht darauf erpicht.
Also war die Schwierigkeit im Umgang nicht das, was die erfolglosen Start-ups umbrachte. Es war ein Zeichen für einen zugrunde liegenden Mangel an Findigkeit. Das war es, was sie umbrachte. Genauso wie sie versagten, die Implikationen dessen, was ihnen gesagt wurde, zu verfolgen, versagten sie auch darin, Finanzierung, Nutzer und neue Ideenquellen aufzutreiben. Aber der unmittelbarste Beweis, den ich hatte, dass etwas nicht stimmte, war, dass ich nicht mit ihnen reden konnte.
Anmerkungen
[1] Ein YC-Partner schrieb:
Mein Gefühl mit den schlechten Gruppen ist, dass sie, wenn sie in die Sprechstunde kommen, bereits entschieden haben, was sie tun werden, und alles, was ich sage, wird durch einen internen Prozess in ihren Köpfen geschickt, der entweder verzweifelt versucht, das, was ich gesagt habe, in etwas zu verwandeln, das mit ihrer Entscheidung konform ist, oder es einfach verwirft und eine Rechtfertigung dafür schafft, es nicht zu tun. Sie sind sich dieses Prozesses vielleicht nicht einmal bewusst, aber das ist meiner Meinung nach das, was passiert, wenn man zu schlechten Gruppen etwas sagt und sie diesen glasigen Blick haben. Ich denke nicht, dass es Verwirrung oder mangelndes Verständnis an sich ist, sondern dieser interne Prozess, der am Werk ist.
Bei den guten Gruppen kann man sehen, dass alles, was man sagt, mit frischen Augen betrachtet wird, und selbst wenn es verworfen wird, dann aus einem logischen Grund, z.B. "das haben wir schon versucht" oder "aufgrund unserer Gespräche mit unseren Nutzern wäre das nicht das, was sie sich wünschen". Diese Gruppen haben nie diesen glasigen Blick.
Danke an Sam Altman, Patrick Collison, Aaron Iba, Jessica Livingston, Robert Morris, Harj Taggar und Garry Tan für das Lesen von Entwürfen dieses Textes.